Zwangsstörungen

Zwänge

Wenn Gedanken zur Last werden – Einblick in Zwangsstörungen und ihre Behandlung

Psychotherapeut Roth
von Ralf Baumhöfer

 

Zur Behandlung von Zwangsstörungen in Roth: Jeder kennt es: Man kontrolliert noch einmal, ob die Haustür wirklich abgeschlossen ist, oder geht zurück in die Küche, um sicherzustellen, dass der Herd ausgeschaltet wurde. Solche Verhaltensweisen sind normal – aber was, wenn diese Kontrollen zum ständigen Begleiter werden, den Alltag dominieren und nicht mehr unter Kontrolle zu bringen sind? Dann könnte eine Zwangsstörung vorliegen.

Zwangsstörungen gehören zu den häufigeren psychischen Erkrankungen und können das Leben erheblich einschränken. Doch es gibt wirksame Behandlungsansätze, die Betroffenen helfen können, ein freieres Leben zu führen.

In diesem Beitrag erfahren Sie, was Zwangsstörungen sind, wie sie entstehen und welche bewährten Therapieformen es gibt – darunter die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) und die Problemorientierte Kognitive Psychodiagnostik (PKP) nach Dr. Harlich H. Stavemann, mit dieser Methode arbeiten wir bei uns in der Praxis an der Ursache für das Symptom. 


Was sind Zwangsstörungen?

Zwangsstörungen zeichnen sich durch wiederkehrende Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen aus.

  • Zwangsgedanken sind ungewollte, aufdringliche Gedanken, Bilder oder Impulse, die Angst oder Unwohlsein auslösen. Typische Inhalte sind etwa die Angst, anderen Schaden zuzufügen, sich zu verunreinigen oder moralisch falsche Handlungen zu begehen.
  • Zwangshandlungen sind repetitive Verhaltensweisen oder gedankliche Rituale, die ausgeführt werden, um die Angst oder das Unbehagen der Zwangsgedanken zu lindern. Beispiele sind exzessives Händewaschen, Kontrollieren von Türen oder das Zählen bestimmter Zahlenreihen.

Diese Symptome sind oft sehr zeitaufwändig und führen dazu, dass alltägliche Abläufe massiv gestört werden.


Wie entsteht eine Zwangsstörung?

Die Ursachen von Zwangsstörungen sind vielfältig. Forschungen zeigen, dass eine Kombination aus biologischen, psychologischen und umweltbedingten Faktoren eine Rolle spielt.

  • Genetische Veranlagung: Zwangsstörungen treten in Familien gehäuft auf.
  • Veränderungen im Gehirn: Bestimmte Hirnregionen sind bei Betroffenen überaktiv, insbesondere jene, die für Kontrolle und Angstverarbeitung zuständig sind.
  • Lernerfahrungen und Stress: Oft beginnt eine Zwangsstörung nach belastenden Erlebnissen oder in Phasen starker Unsicherheit. Zwangshandlungen dienen dann kurzfristig als Strategie zur Angstreduktion.

Die Zwänge verselbstständigen sich jedoch schnell und werden zu einem Teufelskreis: Der kurzfristige Stressabbau durch Zwangshandlungen verstärkt das zwanghafte Verhalten langfristig.


Warum suchen viele Betroffene keine Hilfe?

Obwohl Zwangsstörungen gut behandelbar sind, vergeht oft viel Zeit, bis Betroffene professionelle Unterstützung suchen – im Durchschnitt sechs Jahre. Gründe hierfür sind:

  • Scham und Angst vor Verurteilung: Viele fürchten, dass ihre Gedanken „verrückt“ sind.
  • Fehlendes Wissen über die Erkrankung: Manchmal wird nicht erkannt, dass Zwänge eine behandelbare psychische Störung sind.
  • Fehlende Diagnosestellung: Nicht alle Fachleute erkennen Zwänge sofort, weil sie sich hinter anderen Beschwerden wie Depression oder Angststörungen verstecken können.

Doch eine rechtzeitige Behandlung kann das Leben Betroffener erheblich verbessern.


Behandlungsmöglichkeiten – Wege aus dem Zwang

Die gute Nachricht: Zwangsstörungen lassen sich erfolgreich behandeln! Die wichtigsten Therapieansätze sind:

1. Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

Die Kognitive Verhaltenstherapie gilt als die wirksamste Methode zur Behandlung von Zwängen. Sie setzt an den typischen Denkmustern und Verhaltensweisen an und umfasst zwei wesentliche Strategien:

  • Exposition mit Reaktionsverhinderung (ERP)
    Hierbei setzt sich der Patient bewusst seinen Ängsten aus, ohne die gewohnte Zwangshandlung auszuführen. Beispiel: Jemand mit Waschzwang berührt eine Türklinke und verzichtet anschließend auf das Händewaschen. Dadurch lernt das Gehirn, dass die befürchteten Konsequenzen nicht eintreten.
  • Kognitive Umstrukturierung
    Viele Betroffene haben überhöhte Verantwortungsgefühle („Wenn ich das Licht nicht genau 10 Mal ausschalte, passiert ein Unglück“). In der Therapie werden diese Denkmuster hinterfragt und realistischere Sichtweisen entwickelt.

2. Wir arbeiten, neben einer anfänglichen Symptombehandlung mit der „Problemorientierte Kognitive Psychodiagnostik (PKP)“

Ein innovativer Ansatz in der Therapie von Zwangsstörungen ist die Problemorientierte Kognitive Psychodiagnostik (PKP) nach Harlich H. Stavemann. Dieser Ansatz geht über klassische KVT-Techniken hinaus, indem er gezielt auf die individuellen Glaubenssysteme und problemaufrechterhaltenden Prozesse eingeht.

Wie funktioniert PKP?

  • Anstatt sich nur auf Symptome zu konzentrieren, wird der Fokus auf die individuellen Denk- und Verhaltensmuster gelegt, die den Zwang verstärken.
  • Die Therapie beginnt mit einer detaillierten Analyse der persönlichen Problembedingungen. Dabei wird untersucht, welche tief verankerten Überzeugungen zur Aufrechterhaltung des Zwangs beitragen.
  • Anschließend werden gezielte kognitive Interventionen und Behandlungspläne abgeleitet, die darauf abzielen, problematische Grundannahmen zu verändern.
  • Besonders wichtig ist die Arbeit an emotionalen Überzeugungen – also nicht nur an bewussten Gedanken, sondern auch an tief verwurzelten Gefühlen, die die Zwänge steuern.

Warum ist PKP sinnvoll für Zwangsstörungen?
Während klassische KVT oft stark auf Verhaltensänderungen fokussiert ist, hilft PKP dabei, die tiefen psychologischen Mechanismen hinter einer Zwangsstörung zu verstehen und gezielt zu verändern. Dadurch können Zwänge nicht nur kurzfristig reduziert, sondern langfristig stabil behandelt werden.


Was können Angehörige tun?

Zwangsstörungen betreffen oft nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch ihr Umfeld. Angehörige geraten manchmal unbewusst in den Zwangskreislauf, indem sie bestimmte Rituale mittragen oder Betroffene beruhigen.

Hilfreiche Strategien für Angehörige:

  • Verständnis zeigen, aber nicht den Zwang verstärken
    Es ist wichtig, Mitgefühl zu zeigen, aber nicht aktiv an den Zwängen mitzuwirken (z. B. nicht mitkontrollieren).
  • Betroffene ermutigen, Hilfe zu suchen
    Eine Psychotherapie kann langfristig helfen – je früher sie begonnen wird, desto besser.
  • Geduld haben
    Veränderungen geschehen nicht von heute auf morgen, aber mit Unterstützung und professioneller Hilfe kann eine deutliche Besserung eintreten.

Fazit: Hoffnung auf ein freieres Leben

Zwangsstörungen sind eine ernste psychische Erkrankung, die das Leben stark beeinträchtigen kann. Doch sie sind gut behandelbar, und viele Betroffene schaffen es, ihre Zwänge deutlich zu reduzieren oder sogar ganz zu überwinden.

Besonders effektiv sind die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit einer anfänglichen Exposition und Reaktionsverhinderungs-Behandlung sowie die Problemorientierte Kognitive Psychodiagnostik (PKP). Beide Ansätze helfen, Zwänge nicht nur zu reduzieren, sondern die tiefen psychologischen Mechanismen dahinter zu verstehen und zu verändern.

Wenn Sie oder jemand in Ihrem Umfeld unter Zwängen leidet, zögern Sie nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Gerne informieren wir Sie dazu in einem Erstgespräch,


 

2 thoughts on “Zwangsstörungen

  1. Beate Dreier says:

    Hallöchen Ralf,
    sehr guter Artikel. Jetzt frage ich mich allerdings, ob es auch schon eine Zwangsstörung ist, wenn man – egal wo – die Treppenstufen zählt? Rauf, runter und immer wieder, obwohl man genau weiß, wieviele Stufen es sind. Zwangsstörung oder einfach nur Gaga??
    Grüße aus Paderborn,
    Beate

    • Ralf Baumhöfer says:

      Hallo Beate, es kommt darauf an ob sich bei dem Betroffenen ein Leidensdruck zeigt, z.B. Angst oder Unruhe. Ich würde erstmal prüfen ob ich mich dazu gezwungen fühle die Stufen zu zählen, auch wenn ich es nicht möchte… Beeinträchtigt es meinen Alltag… Versuche ich den Impuls zu unterdrücken, aber er kommt immer wieder… Sind Befürchtungen damit verknüpft wenn ich es nicht tue, und wenn ja, sind die entsprechenden Gedanken logisch oder unlogisch…Bei weiteren Fragen, gerne meiden. Liebe Grüße

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